SG Achim/Baden gegen TV Oyten: Hochspannung bis zum letzten Wurf

8. Oktober 2023 | 1. Herren

Handballerisch haben beide Mannschaften über weite Strecken nicht überzeugt. Packend war das Derby zwischen der SG Achim/Baden und dem TV Oyten aber dennoch. So lief das Duell der beiden Nachbarn.

Wäre das Derby zwischen der SG Achim/Baden und dem TV Oyten ein Spielfilm gewesen, müsste dieser dem Genre „Thriller“ zugeordnet werden. Denn das Duell der beiden Handball-Oberligisten war bis zur letzten Sekunde hochspannend. In jener letzten Sekunde feuerte SG-Routinier Tobias Freese einen finalen Wurf auf das Tor der „Vampires“ ab. Kurz darauf bildete sich eine Oytener Jubeltraube. Der Grund: Keeper Jonas Lüdersen hatte den flachen Wurf von Freese mit seinem linken Bein pariert und sicherte dem TVO einen hauchzarten 30:29 (16:15)-Auswärtssieg in der Gymnasiumhalle, die mit 450 Zuschauern gut besucht war.

Dass sich Jonas Lüdersen akribisch auf das Spiel vorbereitet hat, sollte sich auszahlen. „Seit der A-Jugend schaue ich mir die Wurfbilder der Gegner genau an“, sagte der Keeper. Lüdersen hatte somit eine Ahnung, dass Freese bei seinem Wurf den unteren Bereich des Tores anvisiert. Viele Worte bekam der Torhüter der Oytener, der über die gesamten 60 Minuten auf dem Feld stand und etliche Paraden zeigte, danach nicht über die Lippen. Zu nervenzerreibend war das Duell, der Adrenalinspiegel hoch. „Wir waren heute ein geiles Team und haben bis zum Schluss gefightet“, pustete Jonas Lüdersen.

Es ist ein geiles Gefühl, das Derby zu gewinnen.
TVO-Trainer Marc Winter
Dass er durchspielen musste, war dem Umstand geschuldet, dass er im Grunde der einzige Keeper im Kader der Gäste war. Julius Timm fehlte aufgrund eines Urlaubs. Zudem hatte Niklas van den Berg laut Marc Winter, der den TVO gemeinsam mit Lars Müller-Dormann trainiert, auf dem Weg zum Derby einen Unfall und blieb daher auf der Bank sitzen. Ohnehin mussten die Gäste mit einem knappen Kader auskommen. „Die Hälfte unserer Feldspieler war nicht da. Beim Aufwärmen hat sich zudem noch Robin Hencken verletzt“, sagte Winter. Der eigentliche Leistungsträger betrat nur für die Siebenmeter das Spielfeld. Bei den Strafwürfen avancierte Hencken aber zu „Mister 100 Prozent“: Von fünf Versuchen verwandelte er fünf.

Mit seiner Leistung im Tor hatte Jonas Lüdersen großen Anteil am Derbysieg der „Vampires“ (Foto: Björn Hake)

Dieser dezimierte Oytener Kader sorgte dafür, dass die Anfangsphase für die SG Achim/Baden – die Gastgeber mussten ebenfalls auf einige Spieler verzichten – zu einem echten Stimmungskiller wurde. Nach zehn Minuten führten die „Vampires“ mit 8:3, nachdem Hencken zwei Siebenmeter erfolgreich versenkt hatte. „Wir hatten uns viel vorgenommen, haben das aber in der ersten Viertelstunde überhaupt nicht umgesetzt“, sagte SG-Trainer Florian Schacht.

Im weiteren Verlauf steigerte sich seine SG jedoch, während beim TVO die Kräfte ein wenig schwanden. So lagen die Achimer beim Pausenpfiff nur noch mit einem Tor hinten – 15:16. Der zweite Durchgang ähnelte dem ersten: Oyten lag nach einem Treffer von Rechtsaußen Malte Emigholz mit vier Toren vorne (24:20, 42.). Die Partie, in der sich beide Seite viele Fehler leisteten, war da aber längst nicht entschieden. Denn die Achimer kamen wie im ersten Durchgang zurück. In den letzten Minuten schien die Partie sogar zu kippen: Zunächst traf Erik Schmidt zum umjubelten 28:28, nachdem die SG zuvor mehrmals den Ausgleich versäumt hatte. Kurz darauf wuchtete Marvin Pfeiffer den Ball zur 29:28-Führung für die SG Achim/Baden in die Maschen.

Florian Schacht und die SG Achim/Baden stehen auch nach dem fünften Spiel noch ohne Punkt da (Foto: Björn Hake)

Die Oytener antworteten mit einem schnellen Anwurf und dem 29:29 von Marc Lange. Zwei Minuten waren da noch auf der Uhr. Die Achimer verpassten im folgenden Angriff die erneute Führung, da Lüdersen diesmal einen Pfeiffer-Wurf parierte. Auf der Gegenseite machte es Oytens Leonard Fischer besser und traf aus dem linken Rückraum genau in den Winkel des SG-Kastens – 30:29. Den Gastgebern blieb noch ein Angriff, zumindest ein Unentschieden zu retten. Zwei Sekunden vor Abpfiff bekamen sie einen Neunmeter zugesprochen und die Uhr wurde gestoppt. Die Achimer brachten Tobias Freese in Wurfposition, doch er scheiterte an Jonas Lüdersen, der kurz darauf in der Oytener Jubeltraube verschwand.

Winter war sich im Klaren darüber, „dass am Ende auch Glück dabei war. Die Jungs waren stehen K.o.. Unser Matchplan ist aber aufgegangen.“ So habe man die SG damit überrascht, hin und wieder mit einem siebten Feldspieler zu agieren, meinte Winter. „Die Idee kam uns unter der Woche.“ Ob die Nachwehen der Derby-Niederlage bei der SG noch länger anhalten, wird sich nun zeigen müssen. Direkt nach dem Anpfiff saß der Stachel der Enttäuschung jedoch sehr tief. Das Derby verloren zu haben, tue ziemlich weh, gestand Florian Schacht: „Im Endeffekt haben wir das Spiel vorne und als Mannschaft verloren. Entscheidend waren Nuancen. Mit unserer Leistung bin ich nicht einverstanden. Dass wir hier verlieren, haben wir uns selbst zuzuschreiben. Trotzdem ist Oyten ein verdienter Derbysieger.“

Im Endeffekt haben wir das Spiel vorne und als Mannschaft verloren.
SG-Coach Florian Schacht

Durch die Niederlage wackelt nun auch ein Status, den die SG Achim/Baden seit knapp drei Jahrzehnten innehat. Seit Mitte der 1990er Jahre ist der stolze Klub, der in der Vorsaison beide Oberliga-Derbys gegen Oyten gewonnen hat, im Männer-Handball die Nummer eins im Landkreis Verden. In dieser Saison könnten die Oytener dem Nachbarn diesen Rang ablaufen. Der Derbysieg und der aktuelle Tabellenstand sind Indizien dafür: Während die SG noch sehnsüchtig auf den ersten Punkt wartet, haben die „Vampires“ 6:4 Zähler auf dem Konto.

Ob sich in dieser Saison tatsächlich eine Wachablösung abzeichnet, wollten Müller-Dormann und Marc Winter direkt nach dem emotionsgeladenen Duell nicht beurteilen. „Unsere Entwicklung geht nach oben und wir sind sicher näher an die Achimer herangerückt“, sagte Müller-Dormann. Marc Winter wollte sich ohnehin lieber mit einer anderen Thematik beschäftigen. Er blieb im Hier und Jetzt: „Es ist ein geiles Gefühl, das Derby zu gewinnen. Diesen Moment wollen wir genießen.“

Quelle: Achimer Kurier  –  Autor: Florian Cordes

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